Die Geschichte der Gewürznelke
Wer hat ihn nicht in der Nase, wenn er an den Zahnarzt denkt, den typischen Geruch von Nelkenöl bzw. Eugenol der in allen Behandlungszimmern liegt und für viele Menschen geradezu als Erkennungsmerkmal für eine zahnärztliche Praxis gilt oder galt.
Erst seit wenigen Jahren, genauer seit der überwiegenden Verarbeitung von Kompositen und anderen Kunststoffen, in der konservierenden Zahnheilkunde verschwindet dieser Duft und damit ein berufsspezifisches Charakteristikum aufgrund der weichmachenden Wirkung des Eugenols auf Kunststoffe zunehmend aus den Praxen.
Hauptlieferant des Nelkenöls ist die Gewürznelke. Es handelt sich dabei um die getrockneten Blütenknospen des Gewürznelkenbaums Syzygium aromaticum der zur Familie der Myrtaceae, also der Myrtengewächse gehört.
Der ursprünglich auf den Molukken (die auch “Gewürzinseln“ genannt werden) beheimatete, immergrüne Gewürznelkenbaum wird heute in vielen tropischen Regionen wie beispielsweise Indonesien, auf Sansibar, Madagaskar oder Mauritius, Sri Lanka oder auf den Antillen angebaut. Er wird bis zu 20 Meter hoch und hat eine pyramidenförmige Krone.
Die Wirkung der Gewürznelke, die vorwiegend auf dem Nelkenöl bzw. dessen Eugenolgehalt beruht, ist karninativ, antiphlogistisch, antiseptisch, antibakteriell wie auch antifungal und antiviral, lokalanästhetisch, spasmolytisch und ätzend.
Die Anwendung des Nelkenöls bzw. des Eugenols in der Zahnmedizin ist im Wesentlichen durch die antibakterielle, desinfizierende, lokalanästhetische und ätzende Wirkung bestimmt.
So ist Nelkenöl/Eugenol im zahnmedizinisch, kosmetischen Bereich als Zusatz in Zahnpasten, Zahntropfen und Mundwässern sowohl mit therapeutischer Zielsetzung bei Entzündungen des Mund-Rachenraumes wie auch als Geschmacks- und Geruchskorrigens in Gebrauch.
In der zahnärztlichen Therapie
ist es Bestandteil von verschiedenen Parodontalverbänden und Wurzelfüllmateriallen, sowie vor allern der bekannten Zinkoxid-Eugenol-Zemente. Diese werden insbesondere als provisorische Füllungsmaterialien, provisorische Befestigungszemente und zur indirekten Überkappung angewendet. Jedoch – wie schon eingangs angedeutet – verlieren sie zunehmend an Bedeutung.
Dies ist sicherlich zum einen auf die angesprochene Weichmacherwirkung zurückzuführen, zum andern kann Eugenol allergische Reaktionen hervorrufen und aufgrund seiner Eigenschaften auch gewebsschädigend wirken.
Die Tradition der Verwendung von Gewürznelken in der Heilkunde ist sehr alt. Schließlich findet die Gewürznelke in einigen Hauptwerken der mittelalterlichen Klostermedizin als Therapeutikum ausführlichere Erwähnung.
So kennt etwa die heilkundige Klosterfrau und Abtissin Hildegard von Bingen (1098-1179) die Nelke und hält sie gegen Schwindel, Wassersucht, Podagra, Schluckauf, Fieber und Menstruationsbeschwerden für hilfreich.
Im ausgehenden 12. und im 13. Jahrhundert, scheint die Nelke vielfach als Bestandteil von Komposita zur Therapie von Zahnfleischerkrankungen, Fisteln, Mundgeruch und ähnlichem auf. Weitere derartige Beispiele finden sich in den frühen zahnheilkundlichen Monographien des 16. Jahrhunderts.
Die Gewürznelke hat gerade in der Volksmedizin lange nicht ausgedient. Auch heute findet sie noch als Hausmittel bei Zahnschmerzen Anwendung. Hiernach soll bei Zahnschmerzen eine Gewürznelke gekaut oder diese zerkleinert in den ,,hohlen Zahn“ gelegt, Nelkenöl in die Gingiva einmassiert oder Zahn bzw. Zahnfleisch damit benetzt werden.